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Magazine by UseTree
Wissen Reading Time 4 min | 28.05.2019

Gesundheit2025 braucht UX

Das E-Health-Gesetz und die ZukunftsAgenda Gesundheit 2025 formulieren die Ziele der Digitalisierung, die bis 2025 umgesetzt sein sollen. Auf der DMEA 2019, Europas größtem Event der Gesundheits-IT-Branche, und auf der Eröffnung des health innovation hub (hih) trafen wir Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen der Branche, die mit Sorgen bezüglich der Umsetzung dieser Ziele an uns herantraten. Alle bewegte die Frage: wie kann es Deutschland gelingen, im internationalen Vergleich endlich aufzuholen? Wir vertrauen auf die leistungsstarken Möglichkeiten von UX in transformativen Prozesse, wie sie jetzt für den Healthcare-Bereich anstehen.

by Usetree Redaktion

Versäumnisse der Vergangenheit

Die elektronische Patientenakte (ePA), die im Jahr 2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz auf den Weg gebracht wurde, ist bis heute nicht im Einsatz. Warum? Patienten sorgten sich verständlicherweise um ihre Daten, waren aber auch nicht ausreichend über die Vorteile der Patientenakte aufgeklärt worden. Auch Mediziner hielten mangels überzeugend kommunizierter Zukunftsvisionen sicherheitshalber an ihrer bisherigen Arbeitsweise fest. Die Politik versäumte es, Chancen der Digitalisierung und Wege zur Umsetzung pragmatisch darzulegen.

Seitdem kommt die Digitalisierung in Deutschlands Gesundheitswesen nur sehr schleppend in Gang. Die zum Teil berechtigte Kritik an neuen Technologien wie Virtueller Realität, Blockchain und Künstlicher Intelligenz wird nicht konstruktiv integriert, die bahnbrechenden Möglichkeiten der Digitalisierung bleiben weitestgehend ungenutzt. Die Sicherung der digitalen Souveränität eines jeden Nutzers durch die Verwendung technischer Innovationen wie der Blockchain könnte jedoch zur Lösung der Auseinandersetzung beitragen. Wenn Technik eines leichter machen könnte, dann die Kommunikation zwischen Medizinern, Patienten und Politikern.

Die Zeit drängt bei der Umsetzung der elektronischen Patientenakte, allein schon, weil Deutschland längst begonnen hat, den internationalen Anschluss zu verlieren; 2018 wurde der Stand der Digitalisierung von 17 Ländern von der Bertelsmann-Stiftung im Digital-Health-Index analysiert und verglichen. Deutschland liegt bei den Kriterien politisch-strategisches Vorgehen, technische Implementierung und tatsächliche Datennutzung auf Platz 16 von 17. 

Von den Spitzenreitern lernen

Seit Januar 2018 werden sogenannte Datenintegrationszentren im Umfang von über 150 Millionen Euro aufgebaut, um Mediziner aller Sparten miteinander zu vernetzen und um für jeden beliebigen Anwendungsfall die notwendigen Informationen bereitzustellen. Ein erster wichtiger Schritt, dessen Umsetzung jedoch noch bis ins nächste Jahrzehnt andauern wird. Um endlich spürbar voran zu kommen, braucht es einen klug moderierten Diskurs, eine konzertierte Strategie und konkrete Maßnahmen, um den Zielen einer personalisierten Krebstherapie, der Behandlung von Alzheimer oder intelligenteren intensivmedizinischen Lösungen näher zu kommen.

Hierbei lohnt sich der Blick auf die ersten Plätze im besagten Digital-Health-Index der Bertelsmann-Stiftung. Denn wenn es ein Gutes hat, dass Estland, Kanada, Dänemark, Israel und Spanien weit vor Deutschland liegen, dann doch dies: dass wir von den Erfolgen dieser Länder lernen können.

Drei entscheidende Erfolgs-Faktoren sind eine effektive Strategie, politische Führung und eine nationale Koordinationsstelle. Dafür gibt die Politik einen klaren Rahmen vor, fördert die Akzeptanz bei den Akteuren und treibt Dialoge voran. Erfolgreiche Länder gehen zudem in pragmatischen Einzel-Schritten vor und führten etwa zunächst das digitale Rezept ein.

Digitale Souveränität umsetzen – und kommunizieren

Die Vision einer personalisierten medizinischen Betreuung funktioniert zukünftig nur unter Einsatz von persönlichen Daten eines jeden Nutzers. Daten sind der Schlüssel für den Erfolg einer jeden Lösung. Als Ziel einer jeden Entwicklung muss stehen, die immensen Vorteile der Verwendung dieser Daten deutlich herauszuarbeiten und eventuelle Bedenken aufzufangen. Sicherheit ist dabei entscheidend, die digitale Souveränität eines jeden Nutzers muss gewahrt bleiben. Der Zweck heiligt hierbei nicht die Mittel, sondern es muss möglichst transparent gemacht werden, was zu erwarten ist und was eben auch nicht. Transparenz und Selbstbestimmung des Nutzers haben oberste Priorität – gerade wenn es sich beim Nutzer um Patienten handelt.

Systematische Integration der Wünsche – und Sorgen! – von Patienten, Pflegekräften und Medizinern

Bei den oben genannten Etappen-Zielen und bei der Entwicklung von eHealth-Produkten müssen wir den Dialog mit den tatsächlichen Nutzern suchen. UX-Researcher sind Experten dafür, gerade die Ängste und Widerstände der Nutzer zu identifizieren und in der Weiterentwicklung in Qualitätsmerkmale einer optimalen Anwendung zu verwandeln. Ein großes Hindernis für die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist die Sorge vor einer durch eHealth-Produkte „entmenschlichten Medizin“. Diese Bedenken können UX-Experten aushebeln, indem sie die Lebenswirklichkeit der Nutzer ins Zentrum der Entwicklung von Technologie-basierten Dienstleistungen stellen. Solche Dienstleistungen werden als menschlich erlebt, wenn sie einen unmittelbaren persönlichen Nutzen bieten, es etwa einem Mediziner ermöglichen, relevante Informationen intelligent und fachgerecht zusammen fließen zu lassen. Immer wenn das geschieht, löst sich die Angst der Patienten vor einem Produkt, das einen Mediziner vermeintlich ersetzen soll, in Wohlgefallen auf.

Technologische Innovation braucht ebenso innovative, empathische Implementierungsprozesse, um sich das Vertrauen der Nutzer auch wirklich zu verdienen.

KI-gestützte Gesundheit2025 braucht UX.


Bildquelle: Unsplash

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